In einer Familie aufzuwachsen, in der ein oder beide Elternteile an einer Suchterkrankung leiden, stellt für betroffene Kinder nicht selten eine große Herausforderung dar. Diese Kinder leiden unter der Belastungssituation und haben ein erhöhtes Risiko später selber Suchtmittel zu missbrauchen.
In Freiburg gibt es seit 1990 die Beratungsstelle MAKS, Modellprojekt Arbeit für Kinder von Suchtkranken. Kompetenznetz Suchthilfe hat mit Helga Dilger, Leiterin der Einrichtung gesprochen um mehr über die Hintergründe dieser Form der Suchthilfe zu erfahren.
Unter welchen Belastungen stehen die Kinder und wie helfen Sie ihnen?
Die Kinder leiden unter der großen Unzuverlässigkeit ihrer Eltern. Häufig werden Absprachen oder Versprechen nicht eingehalten. Vieles dreht sich in diesen Familien um die Suchtmittelbeschaffung oder den Konsum. Bei unseren Klienten spielt Alkohol und das gesamte Spektrum der Suchtmittel eine Rolle. Hier leisten wir mit unseren Angeboten zunächst emotionalen Beistand. Es tut den Kindern und Jugendlichen einfach gut sich in den Gruppengesprächen auszutauschen und Zuwendung bzw. konkrete Hilfsangebote zu bekommen. Schuldgefühle sind oft ein Thema. Neben dem Abbau des von den Kindern erlebten Gefühls des selbstverschuldeten Einzelschicksals und der damit verbundenen Entlastung von Schuld- und Schamgefühlen kann so auch eine Verringerung des übermäßigen Verantwortungsgefühls der Kinder gegenüber ihren Eltern stattfinden. Das bewirkt eine große Entlastung für die Betroffenen und ist ein wichtiger Teil unserer Arbeit.
Welche Angebote bieten Sie an?
Wir ermöglichen regelmäßige, kostenfreie Gruppenangebot, Einzelgespräche und auch Ferienprogramme für betroffene Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene an. Hier lernen sie über Sorgen und Nöte zu sprechen und erfahren, dass sie damit nicht alleine sind. Die Teilnahme an der Gruppe erleichtert vielen Kindern das „Durchbrechen“ von Tabus in Bezug auf die elterliche Erkrankung. Zusätzlich bieten die Gruppen altersentsprechende Krankheitsinformationen, um mit den Belastungen in der Familie und den oft verwirrenden Verhaltensweisen des erkrankten Elternteils besser umgehen zu können. In unseren familienorientierten Angeboten kann auch die ganze Familie Unterstützung finden.
Wie groß ist die Nachfrage an Ihren Angeboten?
165 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 0-31 Jahren haben unsere Angebote 2016 wahrgenommen. Von den insgesamt 165 Kindern haben wir 25 Kinder und Jugendliche im Rahmen unseres Angebots für Kinder von Geflohenen unterstützt. Mit unserem Angebot Mini-MAKS erreichten wir 16 Kinder von 0-3 Jahren, die gemeinsam mit ihren Eltern, z.B. im Rahmen der Mutter-Kind-Spielgruppen, zu uns Kontakt hatten. Darüber hinaus wurden 2 (ehemals) suchtmittelkonsumierende oder substituierte sowie 2 psychisch erkrankte Schwangere begleitet und beraten. Die Nachfrage steigt jährlich konsequent an. Der Bedarf ist groß.
Was können Sie zu den Lebensumständen der Kinder sagen?
45 % der Kinder leben überwiegend mit einem Elternteil und 41 % leben mit Vater und Mutter zusammen. Die Weiteren 14% werden in anderen Wohnformen versorgt (z.B. Pflegefamilie oder Heimen). Bei 61% der Kinder und Jugendlichen besteht bereits Kontakt zum Amt für Kinder, Jugend und Familie (Jugendamt). Bei der Mehrzahl der „MAKS- Kinder“ (70%) sind/ waren die Eltern von Suchtmitteln aus dem legalen Bereich abhängig. Bei 26 % der Kinder und Jugendlichen sind beide Elternteile von einer Suchtproblematik betroffen. Psychische Belastungen/Erkrankungen sind häufige Begleiter.
Was wünschen Sie sich für Ihre Klienten?
Ich wünsche mir mehr Warnhinweise über Gesundheitsrisiken durch Alkohol- und Suchtmittelkonsum während der Schwangerschaft und Stillzeit. Auch sollte jede Einrichtung der Suchtkrankenhilfe an die Kinder denken und schon zu Beginn der Behandlung durch gezieltes Nachfragen entsprechende Schritte einleiten und auf bestehende Hilfsangebote aufmerksam machen. Eine verlässliche und bessere Finanzierung zum Ausbau der Hilfsprogramme für betroffene Kinder und Jugendliche, die auch als Erwachsene immer noch „Kind von“ sind und häufig auch eigene Probleme entwickelt haben, wäre ebenfalls wünschenswert und würde außer den persönlichen schwierigen Lebenswegen auch volkswirtschaftlich eine Ersparnis bedeuten können. Das größte Risiko zu erkranken, besteht immer noch für die Kinder/Jugendlichen deren Eltern suchtkrank sind und die ohne Unterstützung diese schwierige Lebenssituation bewältigen müssen.
Mehr Infos unter:
MAKS Suchtberatung für Kinder von Suchtkranken
Hinweis: MAKS ist eine Einrichtung der AGJ, Fachverband für Prävention und Rehabilitation in der Erzdiözese Freiburg e.V